Ortsbildschutz versus Stadtentwicklung: Bewahrung oder Lebenserhalt Februar 2025
Die Stadt Zürich steht vor einem Dilemma: Einerseits soll sie sich verdichten, um den Wohnraummangel zu bekämpfen, klimagerecht zu wachsen und den gesellschaftlichen Wandel zu reflektieren. Andererseits bremst das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (ISOS) mit seiner rigiden Gesetzgebung genau diese Entwicklung aus. Die Frage, ob der strenge Ortsbildschutz tatsächlich im Einklang mit Schutzinteressen steht, wenn er zugleich die Vitalität der Stadt gefährdet, ist komplex. Die aktuellen Konflikte um Grossprojekte wie das Schwamendinger Dreieck oder die gescheiterten Wohnbauvorhaben der CS-Pensionskasse zeigen, dass die ISOS-Regeln in ihrer heutigen Form zu einem faktischen Neubauverbot führen. Dies gefährdet nicht nur die wirtschaftliche Dynamik, sondern untergräbt auch soziale Gerechtigkeit und das philosophische Prinzip, dass Städte ein „Recht auf Zukunft“ haben – ein Anspruch, der mindestens so gewichtig ist wie das Bewahren der Vergangenheit.
Der Konflikt: Bewahrung versus Erneuerung
Das ISOS, 2016 auf drei Viertel der Stadt Zürich ausgeweitet, soll historisch wertvolle Ortsbilder schützen. Doch die Praxis zeigt: Die Schutzbestimmungen sind zu undifferenziert und werden durch Gerichtsurteile zunehmend extensiv ausgelegt. So führt bereits die Berührung von Bundesaufgaben wie Grundwasserschutz oder Luftschutzräume – selbst bei Projekten in nicht historisch sensiblen Gebieten – zu einer direkten ISOS-Anwendung. Dies bedeutet, dass selbst in Schwamendingen, einem Quartier mit Nachkriegsbauten, die Erneuerung blockiert wird, obwohl die Siedlung weder architektonische Meisterwerke noch identitätsstiftende Ensembles umfasst. Die Folge ist ein paradoxer Stillstand: Während die Stadt verdichten will, um Zersiedelung zu verhindern, werden genau jene Entwicklungsgebiete wie Altstetten oder Oerlikon, die für Wachstum vorgesehen sind, durch ISOS-Auflagen gelähmt.
Hier entsteht ein faktisches Neubauverbot, weil die Hürden für Bauherren unkalkulierbar werden. Die direkte ISOS-Anwendung verlangt Gutachten von Bundeskommissionen, verzögert Verfahren um Jahre und schafft massive Rechtsunsicherheit. Wie die Baugenossenschaft Glattal Zürich (BGZ) erfahren musste, können selbst langjährige Planungen, die mit kommunalen Richtlinien abgestimmt sind, durch formale Argumente scheitern. Die ISOS-Regeln, ursprünglich als „Verhandlungsgrundlage“ gedacht, mutieren zu einem Dogma, das lokale Entscheidungsräume aushöhlt und private wie öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau riskant macht.
Warum Erneuerung im vitalen Interesse der Stadt liegt
Städte sind lebendige Organismen. Ihr Überleben hängt davon ab, dass sie sich an demografische, ökonomische und klimatische Veränderungen anpassen. Zürich wächst – nicht nur in der Einwohnerzahl, sondern auch in ihren Ansprüchen: Neue Arbeitsmodelle, die Tech-Industrie, alternde Bevölkerungen und die Klimakrise verlangen nach flexiblen Räumen, energieeffizienter Architektur und gemischt genutzten Quartieren. Die Blockade von Grossprojekten wie dem Schwamendinger Dreieck, das neben Wohnraum auch ein Pflegeheim vorsieht, gefährdet jedoch genau diese Anpassungsfähigkeit.
Historisch betrachtet war städtebaulicher Wandel immer mit Verlusten verbunden – aber auch mit Gewinnen. Das Fraumünsterquartier, einst ein verwinkeltes Gassenlabyrinth, wich im 19. Jahrhundert einer modernen Limmatfront, die heute als identitätsstiftend gilt. Hätte damals ein ISOS-ähnliches Inventar bestanden, gäbe es weder den Bürkliplatz noch die Stadthaus-Zeile. Die heutige Ängstlichkeit, jede Veränderung als Bedrohung zu sehen, ignoriert, dass Qualität oft erst durch Mut zum Neuen entsteht. Eine Stadt, die sich nicht erneuern darf, erstarrt zur musealen Kulisse – attraktiv für Touristen, doch untauglich für jene, die in ihr leben und arbeiten.
Gegen die ISOS-Praxis
Wirtschaftlich führt die ISOS-Blockade zu erheblichen Kosten. Die BGZ rechnet mit mindestens einer Million Franken Verlust pro gescheitertem Projekt; gesamthaft sind in Zürich tausende Wohnungen blockiert. Solche Verluste treffen insbesondere Genossenschaften und öffentliche Bauherren, die preisgünstigen Wohnraum schaffen wollen. Privatinvestoren weichen angesichts der Risiken auf sichere Märkte aus, was die Spekulation mit bestehendem Wohnraum antreibt. Zudem untergräbt die Rechtsunsicherheit den Standort Schweiz: Innovative Unternehmen, die auf moderne Infrastruktur angewiesen sind, wandern ab, wenn die Stadtentwicklung stagniert.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Subventionen für Wohnungen, die eigentlich soziale Härten abfedern sollen, verschärfen den Druck auf den ohnehin angespannten Markt. Staatliche Zuschüsse erhöhen die Nachfrage, ohne das Angebot zu vergrössern – ein klassischer Fall von Marktverzerrung. In einer Stadt wie Zürich, wo das Wohnungsangebot bereits chronisch knapp ist, heizen solche Massnahmen die Preise weiter an. Sie schaffen kurzfristig Entlastung für Einzelne, doch langfristig führen sie zu einem Wohlstandsverlust für die Gesellschaft: Mieter und Käufer konkurrieren um immer weniger verfügbare Flächen, während die öffentliche Hand in ein System investiert, das sie gleichzeitig durch Überregulierung stranguliert.
Sozial verschärft die ISOS-Politik die Wohnungskrise. Zürichs Bevölkerung wächst, doch das Angebot an bezahlbaren Wohnungen hinkt hinterher. Projekte wie die Laubegg-Siedlung, die dringend benötigte Wohnungen bereitstellen würden, scheitern an formalen ISOS-Einwänden. Dies trifft vor allem junge Familien, Geringverdiener und Zugezogene – Gruppen, die bereits heute auf dem Wohnmarkt benachteiligt sind. Der Schutz des Ortsbilds wird so zum Privileg Weniger, die sich gegen „Störungen“ ihrer Umgebung wehren können, während die Allgemeinheit die Folgen trägt.
Doch die Konsequenzen gehen auch einer anderen Ebene tiefer: Ein derart grosses Mass an Unterschutzstellung untergräbt die Akzeptanz für den Denkmalschutz insgesamt. Wenn drei Viertel der Stadt als schützenswert gelten, verliert das Konzept seinen Sinn. Schutzbedürftigkeit entsteht durch Selektivität – durch die Konzentration auf das wirklich Erhaltenswerte. Wird alles unter Generalverdacht gestellt, schwindet das Vertrauen in die Schutzmechanismen. Bürgerinnen und Bauherren beginnen, jede Form von Regulation als Willkür zu begreifen. Dies schwächt nicht nur die Legitimität des ISOS, sondern auch jene von sinnvollen Einzelmassnahmen, die tatsächlich historisch wertvolle Strukturen bewahren.
Philosophisch steht aus unserer Sicht die ISOS-Debatte für einen grundlegenden Konflikt zwischen Vergangenheit und Zukunft. Das „Recht auf Vergangenheit“, also der Schutz historischer Substanz, ist legitim – doch es darf nicht zur Dominanz einer konservativen Ästhetik führen, die Fortschritt verhindert. Städte haben auch ein „Recht auf Zukunft“: auf Experimente, auf Fehler, auf das Ausprobieren von Lösungen für Probleme wie Klimawandel oder soziale Spaltung. Die aktuelle ISOS-Praxis, die jede Abwägung zugunsten statischer Erhaltung entscheidet, negiert diesen Anspruch. Sie reduziert Stadtplanung auf eine defensive Verwaltung des Bestehenden, statt Visionen für ein besseres Morgen zuzulassen.
Oberstes Ziel der Denkmalpflege müsste es sein, die Lebendigkeit der Stadt zu erhalten – ihre Nutzung, ihre Anpassungsfähigkeit, ihren Fortbestand. Eine Stadt, die nicht atmen darf, stirbt. Schutz darf nicht bedeuten, Gebäude in einen Dornröschenschlaf zu versetzen, sondern sie in einen dynamischen Kontext einzubetten, der ihre Geschichte respektiert und zugleich Raum für Neues schafft.
Für eine Reform des Ortsbildschutzes
Die Lösung liegt nicht in der Abschaffung des ISOS, sondern in seiner Differenzierung. In ländlichen Gemeinden mag flächendeckender Schutz sinnvoll sein; in wachsenden Metropolen wie Zürich braucht es klare Priorisierungen. Historisch wertvolle Kerne wie das Niederdorf verdienen Schutz, doch in Quartieren ohne architektonischen Mehrwert muss Erneuerung möglich sein. Zudem muss die direkte ISOS-Anwendung reformiert werden: Bundesaufgaben wie Grundwasserschutz dürfen nicht als Vorwand dienen, um Bauprojekte zu blockieren, die keine sichtbare Beeinträchtigung des Ortsbilds verursachen.
Gleichzeitig gilt es, Subventionsmechanismen kritisch zu hinterfragen. Wohnpolitik muss sich auf die Angebotsseite konzentrieren – auf den Abbau von bürokratischen Hürden, die Beschleunigung von Verfahren und die Schaffung von Anreizen für nachhaltiges Bauen. Nur so lässt sich verhindern, dass gut gemeinte Sozialmassnahmen den Markt weiter verzerren.
Letztlich geht es um Vertrauen in die Gestaltungskraft der Gegenwart. Die Angst, Neues könne niemals so gut sein wie das Alte, ist verständlich – doch sie ist auch irrational. Jede Epoche hat ihre Bausünden, aber auch ihre Meisterwerke hervorgebracht. Zürich braucht Mut, um diese Balance wiederzufinden: Schutz, wo es nötig ist; Freiheit, wo es möglich ist. Nur so bleibt die Stadt ein lebendiger Ort – für die Menschen von heute und morgen.
Die Stadt ist kein Museum, sondern ein Ort des Lebens. Ihr höchstes Denkmal ist nicht ein einzelnes Gebäude, sondern ihre Fähigkeit, Generationen von Menschen Heimat zu bieten – in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.
Der Konflikt: Bewahrung versus Erneuerung
Das ISOS, 2016 auf drei Viertel der Stadt Zürich ausgeweitet, soll historisch wertvolle Ortsbilder schützen. Doch die Praxis zeigt: Die Schutzbestimmungen sind zu undifferenziert und werden durch Gerichtsurteile zunehmend extensiv ausgelegt. So führt bereits die Berührung von Bundesaufgaben wie Grundwasserschutz oder Luftschutzräume – selbst bei Projekten in nicht historisch sensiblen Gebieten – zu einer direkten ISOS-Anwendung. Dies bedeutet, dass selbst in Schwamendingen, einem Quartier mit Nachkriegsbauten, die Erneuerung blockiert wird, obwohl die Siedlung weder architektonische Meisterwerke noch identitätsstiftende Ensembles umfasst. Die Folge ist ein paradoxer Stillstand: Während die Stadt verdichten will, um Zersiedelung zu verhindern, werden genau jene Entwicklungsgebiete wie Altstetten oder Oerlikon, die für Wachstum vorgesehen sind, durch ISOS-Auflagen gelähmt.
Hier entsteht ein faktisches Neubauverbot, weil die Hürden für Bauherren unkalkulierbar werden. Die direkte ISOS-Anwendung verlangt Gutachten von Bundeskommissionen, verzögert Verfahren um Jahre und schafft massive Rechtsunsicherheit. Wie die Baugenossenschaft Glattal Zürich (BGZ) erfahren musste, können selbst langjährige Planungen, die mit kommunalen Richtlinien abgestimmt sind, durch formale Argumente scheitern. Die ISOS-Regeln, ursprünglich als „Verhandlungsgrundlage“ gedacht, mutieren zu einem Dogma, das lokale Entscheidungsräume aushöhlt und private wie öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau riskant macht.
Warum Erneuerung im vitalen Interesse der Stadt liegt
Städte sind lebendige Organismen. Ihr Überleben hängt davon ab, dass sie sich an demografische, ökonomische und klimatische Veränderungen anpassen. Zürich wächst – nicht nur in der Einwohnerzahl, sondern auch in ihren Ansprüchen: Neue Arbeitsmodelle, die Tech-Industrie, alternde Bevölkerungen und die Klimakrise verlangen nach flexiblen Räumen, energieeffizienter Architektur und gemischt genutzten Quartieren. Die Blockade von Grossprojekten wie dem Schwamendinger Dreieck, das neben Wohnraum auch ein Pflegeheim vorsieht, gefährdet jedoch genau diese Anpassungsfähigkeit.
Historisch betrachtet war städtebaulicher Wandel immer mit Verlusten verbunden – aber auch mit Gewinnen. Das Fraumünsterquartier, einst ein verwinkeltes Gassenlabyrinth, wich im 19. Jahrhundert einer modernen Limmatfront, die heute als identitätsstiftend gilt. Hätte damals ein ISOS-ähnliches Inventar bestanden, gäbe es weder den Bürkliplatz noch die Stadthaus-Zeile. Die heutige Ängstlichkeit, jede Veränderung als Bedrohung zu sehen, ignoriert, dass Qualität oft erst durch Mut zum Neuen entsteht. Eine Stadt, die sich nicht erneuern darf, erstarrt zur musealen Kulisse – attraktiv für Touristen, doch untauglich für jene, die in ihr leben und arbeiten.
Gegen die ISOS-Praxis
Wirtschaftlich führt die ISOS-Blockade zu erheblichen Kosten. Die BGZ rechnet mit mindestens einer Million Franken Verlust pro gescheitertem Projekt; gesamthaft sind in Zürich tausende Wohnungen blockiert. Solche Verluste treffen insbesondere Genossenschaften und öffentliche Bauherren, die preisgünstigen Wohnraum schaffen wollen. Privatinvestoren weichen angesichts der Risiken auf sichere Märkte aus, was die Spekulation mit bestehendem Wohnraum antreibt. Zudem untergräbt die Rechtsunsicherheit den Standort Schweiz: Innovative Unternehmen, die auf moderne Infrastruktur angewiesen sind, wandern ab, wenn die Stadtentwicklung stagniert.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Subventionen für Wohnungen, die eigentlich soziale Härten abfedern sollen, verschärfen den Druck auf den ohnehin angespannten Markt. Staatliche Zuschüsse erhöhen die Nachfrage, ohne das Angebot zu vergrössern – ein klassischer Fall von Marktverzerrung. In einer Stadt wie Zürich, wo das Wohnungsangebot bereits chronisch knapp ist, heizen solche Massnahmen die Preise weiter an. Sie schaffen kurzfristig Entlastung für Einzelne, doch langfristig führen sie zu einem Wohlstandsverlust für die Gesellschaft: Mieter und Käufer konkurrieren um immer weniger verfügbare Flächen, während die öffentliche Hand in ein System investiert, das sie gleichzeitig durch Überregulierung stranguliert.
Sozial verschärft die ISOS-Politik die Wohnungskrise. Zürichs Bevölkerung wächst, doch das Angebot an bezahlbaren Wohnungen hinkt hinterher. Projekte wie die Laubegg-Siedlung, die dringend benötigte Wohnungen bereitstellen würden, scheitern an formalen ISOS-Einwänden. Dies trifft vor allem junge Familien, Geringverdiener und Zugezogene – Gruppen, die bereits heute auf dem Wohnmarkt benachteiligt sind. Der Schutz des Ortsbilds wird so zum Privileg Weniger, die sich gegen „Störungen“ ihrer Umgebung wehren können, während die Allgemeinheit die Folgen trägt.
Doch die Konsequenzen gehen auch einer anderen Ebene tiefer: Ein derart grosses Mass an Unterschutzstellung untergräbt die Akzeptanz für den Denkmalschutz insgesamt. Wenn drei Viertel der Stadt als schützenswert gelten, verliert das Konzept seinen Sinn. Schutzbedürftigkeit entsteht durch Selektivität – durch die Konzentration auf das wirklich Erhaltenswerte. Wird alles unter Generalverdacht gestellt, schwindet das Vertrauen in die Schutzmechanismen. Bürgerinnen und Bauherren beginnen, jede Form von Regulation als Willkür zu begreifen. Dies schwächt nicht nur die Legitimität des ISOS, sondern auch jene von sinnvollen Einzelmassnahmen, die tatsächlich historisch wertvolle Strukturen bewahren.
Philosophisch steht aus unserer Sicht die ISOS-Debatte für einen grundlegenden Konflikt zwischen Vergangenheit und Zukunft. Das „Recht auf Vergangenheit“, also der Schutz historischer Substanz, ist legitim – doch es darf nicht zur Dominanz einer konservativen Ästhetik führen, die Fortschritt verhindert. Städte haben auch ein „Recht auf Zukunft“: auf Experimente, auf Fehler, auf das Ausprobieren von Lösungen für Probleme wie Klimawandel oder soziale Spaltung. Die aktuelle ISOS-Praxis, die jede Abwägung zugunsten statischer Erhaltung entscheidet, negiert diesen Anspruch. Sie reduziert Stadtplanung auf eine defensive Verwaltung des Bestehenden, statt Visionen für ein besseres Morgen zuzulassen.
Oberstes Ziel der Denkmalpflege müsste es sein, die Lebendigkeit der Stadt zu erhalten – ihre Nutzung, ihre Anpassungsfähigkeit, ihren Fortbestand. Eine Stadt, die nicht atmen darf, stirbt. Schutz darf nicht bedeuten, Gebäude in einen Dornröschenschlaf zu versetzen, sondern sie in einen dynamischen Kontext einzubetten, der ihre Geschichte respektiert und zugleich Raum für Neues schafft.
Für eine Reform des Ortsbildschutzes
Die Lösung liegt nicht in der Abschaffung des ISOS, sondern in seiner Differenzierung. In ländlichen Gemeinden mag flächendeckender Schutz sinnvoll sein; in wachsenden Metropolen wie Zürich braucht es klare Priorisierungen. Historisch wertvolle Kerne wie das Niederdorf verdienen Schutz, doch in Quartieren ohne architektonischen Mehrwert muss Erneuerung möglich sein. Zudem muss die direkte ISOS-Anwendung reformiert werden: Bundesaufgaben wie Grundwasserschutz dürfen nicht als Vorwand dienen, um Bauprojekte zu blockieren, die keine sichtbare Beeinträchtigung des Ortsbilds verursachen.
Gleichzeitig gilt es, Subventionsmechanismen kritisch zu hinterfragen. Wohnpolitik muss sich auf die Angebotsseite konzentrieren – auf den Abbau von bürokratischen Hürden, die Beschleunigung von Verfahren und die Schaffung von Anreizen für nachhaltiges Bauen. Nur so lässt sich verhindern, dass gut gemeinte Sozialmassnahmen den Markt weiter verzerren.
Letztlich geht es um Vertrauen in die Gestaltungskraft der Gegenwart. Die Angst, Neues könne niemals so gut sein wie das Alte, ist verständlich – doch sie ist auch irrational. Jede Epoche hat ihre Bausünden, aber auch ihre Meisterwerke hervorgebracht. Zürich braucht Mut, um diese Balance wiederzufinden: Schutz, wo es nötig ist; Freiheit, wo es möglich ist. Nur so bleibt die Stadt ein lebendiger Ort – für die Menschen von heute und morgen.
Die Stadt ist kein Museum, sondern ein Ort des Lebens. Ihr höchstes Denkmal ist nicht ein einzelnes Gebäude, sondern ihre Fähigkeit, Generationen von Menschen Heimat zu bieten – in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.